Ich habe seit Beginn meiner Selbstständigkeit ein Ritual: Jedes Jahr im Juni feiere ich mich selbst und ein weiteres Jahr mit Rocking Letters. Am 01.06.2012 habe ich nämlich beim Finanzamt den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung eingereicht und damit meine Tätigkeit als freiberufliche Journalistin und Texterin angemeldet. Damals noch neben einem Vollzeitjob als Angestellte. Es ist eine schöne Routine geworden, dass ich mich an diesem Tag oder zumindest irgendwann in dem Monat selbst feiere und belohne. Dafür gab es in der Vergangenheit schon Luftballons, Cupcakes, Torten oder ein tolles Erlebnis, das ich mir selbst bereitet habe. Dieses Jahr habe ich mir eine gute Flasche Prosecco und einen gemütlichen Abend zu Hause mit Essen und einem Film- und Serienmarathon gegönnt. Wie jedes Jahr lädt so ein Jubiläum auch zur Rückschau und Vorschau ein: Was habe ich erreicht, wo will ich hin? Was lief gut, was war herausfordernd? Was will ich anders machen?
Fotos: Sören Wittmann, Rocking Lens
Location: Studiobar Stuttgart
Ringe: Customringz, Thomas Sabo, Steel2Silver
Aufmerksame Leser/innen meines Newsletters wissen bereits, dass dieses Jahr für mich herausfordernd startete. Die Zusammenarbeit mit einem großen Kunden wurde aus Budgetgründen beendet. Hier könnt ihr die Newsletter-Ausgabe dazu online lesen. Für mich war damals besonders wichtig, dass das nichts mit meiner Leistung zu tun hatte. Irgendwann kennt man als Selbstständige auch den eigenen Wert und den Markt und lernt damit zu leben, dass es immer jemanden gibt, der es günstiger und vielleicht sogar genauso gut macht. Vielleicht muss der Kunde dann aber auch alle sechs Monate ein neues Team suchen, weil Studentin Eva plötzlich zum Auslandssemester nach Kanada will. Generell ist es langfristig besser, sich treu zu bleiben, bevor man zähneknirschend mit Mini-Jobbern in Konkurrenz geht. Die Umstellung am Jahresanfang war anstrengend, weil plötzlich ein großes Stück finanzielle Sicherheit fehlte, aber gleichzeitig auch eine Chance. Denn wir kennen das Phänomen: Sicherheit macht bequem. Wenn es keinen Druck gibt, ruht man sich in seiner Komfortzone aus. Und dennoch sage ich es immer wieder laut und voller Inbrunst: Ich liebe die Komfortzone. Ich finde, sie hat einen zu schlechten Ruf. Statt Stagnation sehe ich in ihr Kontinuität, statt Faulheit Gelassenheit und statt Optimierungszwang das gute Gefühl, sich im Status quo einzukuscheln. Besonders wenn man wie ich die letzten zwei Jahre teilweise mit starken emotionalen Belastungen zu kämpfen hatte, ist eine berufliche Komfortzone willkommen. Ich bin immer vorsichtig, wenn Rufe wie „Komm‘ aus deiner Komfortzone“, „Hab‘ Mut zur Veränderung“ oder „Disrupt yourself“ ganz selbstverständlich vor allem durch die Selbstständigen-Bubble getrieben werden. Denn Fakt ist: Veränderung braucht nicht nur Mut, sondern oft auch ein finanzielles Polster. Hinter „Du musst in dich investieren“ steckt als Business-Imperativ für mich auch immer ein Stück Ignoranz. Denn Investitionen erfordern Kapital. Nicht nur finanzielles, sondern auch emotionales. Nun, da ich zur Veränderung gezwungen wurde, bin ich froh, dass sie nicht vor einem Jahr kam. Denn damals hätte ich keine emotionalen Kapazitäten gehabt, mich mit Akquise und einer Neupositionierung zu beschäftigen. Auch jetzt fällt mir das alles nicht leicht, aber ich spüre schon länger: Das reine Schreiben ist für mich nicht zukunftsfähig.
Deshalb habe ich mich über die Jahre quasi zufällig schon breiter aufgestellt, etwa mit Social Media Content Creation und einem PR-Fernstudium. Dieses Jahr will ich nun zum Anlass nehmen, mich mit Rocking Letters bewusst weiterzuentwickeln und den Wandel auch aktiv voranzutreiben. Insta-Coaches (und gefühlt auch jeder Zweite auf Instagram) würden sagen: „mein Business aufs nächste Level heben“ und „in die Sichtbarkeit kommen“. Beides für mich inzwischen Worthülsen, die mich mit ihrer Inhaltslosigkeit nerven. Aber das wäre ein anderer Blogbeitrag… Was habe ich vor? Ich könnte hier jetzt von „spannenden Veränderungen“ und ominösen „nächsten Schritten“ sprechen. Tatsache ist: Ich habe eine Idee, aber die ist noch etwas diffus und unstrukturiert. Das kommt daher, dass es in meinem Kopf meistens so aussieht und ich auch oft einfach faul bin. Das kann man nicht beschönigen. Es gab dazu auch dieses schöne Zitat von Charles Bukowski:
Aber wenn ich es wohlwollender ausdrücken möchte: Mich interessiert Komfort mehr als Wachstum. Nur leider hat zu wenig „Drive“ eben langfristig auch zur Folge, dass es irgendwann keinen Komfort mehr gibt. Deshalb habe ich mir erstmal eine eigene Deadline gesetzt. Denn meine Gedanken sind zwar diffus, aber Pflichtbewusstsein und Zuverlässigkeit sind mir wichtig. Ich versuche mich also selbst auszutricksen. Mal sehen, wie das klappt ;-). Anfang 2025 möchte ich den Überlegungen zu Rocking Letters eine Form verliehen haben, die sich dann auch in Anpassungen auf der Webseite und meinen Dienstleistungen widerspiegelt. Ich könnte jetzt schreiben, dass ihr gespannt sein könnt. Aber ich bin Realistin: So spannend bin ich nicht und jeder ist schon genug mit sich selbst beschäftigt. Ich bin auf jeden Fall vorsichtig optimistisch, denn wenn ich eines in den letzten zwölf Jahren meiner Selbstständigkeit gelernt habe, dann das: Ich habe es oft geschafft, mich selbst zu überraschen.
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