„Be a voice, not an echo“ lautet das Motto, unter dem die neue Show „VERVE – Show me the energy!“ im Friedrichsbau Varieté steht. Verve bedeutet übersetzt Schwung, Begeisterung oder Feuer. Der Titel ist ein Aufruf, seine kreative Energie ungezügelt auszuleben. Ein Unikat zu sein statt eine Kopie. Eine Hommage an Authentizität, Offenheit und Diversität jenseits von Modewörtern, Trends und Gefälligkeit. Denn diese Werte werden auf Varietébühnen weltweit schon immer gelebt, machen sie überhaupt erst zu dem, was sie sind: kreative Schmelztiegel, die gerade durch die Unterschiede ihre Anziehungskraft bekommen. Auch im Friedrichsbau Varieté Stuttgart ist die Vielfalt zu Hause und Inspiration und Motor für die Produktionen unter der Regie von Ralph Sun. In „VERVE“ versammelt er ein Ensemble, welches das Attribut „bunt“ wirklich verdient und damit viel mehr meint als äußere Merkmale: Es ist eine Gruppe von kreativen Freigeistern und Paradiesvögeln, für drei Monate auf der Bühne vereint. Alle leben ihre Kunst indivduell aus. Wie etwa Tänzer und Sänger Brian Scott mit seiner Hommage an Sophie Baker. Ein Mann, der im Bananenrock und mit High Heels über die Bühne tanzt – inklusive Spagat. Heutzutage zum Glück kein Grund mehr für Empörung, nur bei manchen traurigen Individuen. Das sind die, bei denen es im Kopf ein bisschen zwickt, weil die Engstirnigkeit den Raum für freies Denken und Toleranz nimmt.
Aber genau das ist es, was „VERVE“ meiner Interpretation nach feiern will: Offenheit und die Liebe zum pulsierenden Leben. Einander so zu nehmen, wie wir sind. Mit allen Facetten und Nuancen, ohne Schubladen oder Podeste.
Das Künstlerensemble wird angeführt von „Master of Ceremony“ Merlin Johnson. Bereits bei vergangenen Produktionen führte er mit Wortwitz und Intelligenz durch das Programm. Sein Charisma ergibt sich aus einer einzigartigen Melange aus Bohemien, Dandy und Gaukler. Unterhaltsam, auch mal mit Mut zum derben Wort und zur Bissigkeit, wenn sie vonnöten und der Kunst zuträglich sind. Ein Entertainer mit Tiefgang.
Schwertschluckerin Lisa Chudalla präsentiert ihre Kunst modern und ausdrucksstark. Allein durch ihre Optik mit den prägnanten Tattoos erinnert sie an eine düstere Sirene. Kontorsionistin Thula Moon windet sich in einem Act mit Bondage-Anleihen, um dann scheinbar mühelos die schwersten Verrenkungen zu zeigen. Andriy Ruzhylo vollführt auf dem Rola Bola Kunststücke am Rande des Wahnsinns. Schwerkraft scheint für ihn nur ein Wort zu sein. Der Artist folgt seinen eigenen Gesetzen, immer im Spiel mit Balance und Waghalsigkeit. Jerry Tremblay kommt als eine Art „Biker für Arme“ auf die Bühne. Zuerst bringt er das Publikum durch seine Unbeholfenheit zum Lachen, bevor er zu AC/DC sein Fahrrad zum artistischen Gerät umfunktioniert. Die Pressekonferenz zeigt wie gewohnt nur erste Ausschnitte, aber sie ist ein schöner Vorbote.
„VERVE“ verspricht zu feiern, was durch Omnipräsenz sonst oft zu Floskeln verkommt: Authentizität, Toleranz und Freiheit. Einander anzuerkennen und Unterschiede zu feiern, gemeinsam etwas zu bewegen, anstatt sich zu bremsen. Im eigenen Flow und dennoch im Fluss mit anderen.
SPIELTERMINE:
- Premiere: 10.03.2023 (ausverkauft)
- Spielzeit: 10.03. – 28.05.2023 Tickets auf www.friedrichsbau.de
MITWIRKENDE:
- Merlin: Master of Ceremony
- Brian Scott Bagley: Singer & Dancer
- Lisa Chudalla: Sword swallowing, Cyr-Wheel
- Valerie Dolynych: Acrostaff
- Thula Moon: Contortion, Aerial Hoop
- Skizzo Davide Nicolosi: Comedy Magic
- Andriy Ruzhylo: Juggling, Ladder, Rola Bola
- Jerry Tremblay: Artistic Cycling
- Placido & Maria: Hand to Hand
CREDITS:
- Regie: Ralph Sun
- Lichtdesign: Torsten Schulz
- Sounddesign: Rainer Lolk
- Bühnenbau: Werner Fritzsche
VORSTELLUNGEN:
- Do – Sa um 20 Uhr, So um 18 Uhr
Fotos: Sören Wittmann, www.rockinglens.com
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