Dass ich diesen Blogbeitrag schreibe, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich nehme mir die Zeit, um über etwas zu schreiben, das mich seit einer Weile beschäftigt: Wohin geht meine Reise mit der Selbstständigkeit?
Ich werde dieses Jahr mit Rocking Letters mein 10. Jubiläum feiern. Ich bin seit meiner Gründung 2012 langsam und gesund gewachsen. Bis vor ein paar Jahren habe ich immer gesagt: „Ich möchte nie 100 % selbstständig sein.“ Ich hatte Angst vor der vermeintlichen finanziellen Unsicherheit, zweifelte ob meine Fähigkeiten für eine „richtige Selbstständigkeit“ ausreichten. Natürlich ist das Quatsch. Rückblickend waren die acht Jahre, in denen ich nebenberuflich selbstständig war viel schwerer als meine Situation jetzt. Denn ich gebe bei meinen Jobs immer vollen Einsatz, identifiziere mich mit meiner Aufgabe. Zuletzt hatte sich die Kombination Teilzeit/Selbstständigkeit öfter wie eine Zerreißprobe angefühlt. Die vermeintliche Sicherheit durch einen sozialversicherten Job wog mein zu hohes Arbeitspensum und meine Unzufriedenheit schon lange nicht mehr auf.
Seit Ende 2019 kann ich mich endlich zu 100 % auf meinen Job als freie Journalistin und Texterin fokussieren und das fühlt sich verdammt gut an! Doch in letzter Zeit frage ich mich immer öfter, wo die Reise hingehen soll. Ist meine Positionierung richtig? Ist mir manchmal das Honorar wichtiger als sinnstiftende Arbeit? Lebe ich meine Unternehmenswerte noch oder schicke ich sie nur werbewirksam über die sozialen Medien und meine Webseite in die Welt? Ich denke, alle Selbstständigen haben am Anfang eine Vision ihres beruflichen Ichs und ich beginne gerade, meine zu hinterfragen. Frei nach Christoph Keese höre ich manchmal den Ruf nach „Disrupt yourself“ und verspüre den Wunsch, mich radikal neu zu erfinden.
Dann möchte ich meine Social Media Kanäle löschen, in einer einsamen Hütte leben und einen Dark Fantasy Roman schreiben. Gerade die sozialen Medien haben in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung in meinen Aufträgen gewonnen. So gerne ich Content kreiere und mit Hashtags jongliere, oft sind die Inhalte eben banal und naturgemäß eher werblich orientiert. Das will ich auch nicht schlechtreden, denn ich habe natürlich auch Spaß an Werbetexten. Aber ursprünglich wollte ich als Autorin und Kulturjournalistin arbeiten. Dann hat die Realität angeklopft und mich irgendwie über die Jahre davon entfernt, was natürlich ganz klar mit dem Honorar zu tun hat. Aber manchmal, wenn der Sturm sich legt, blitzen diese Gedanken auf: Habe ich meine unternehmerische Vision verraten?
Zugegeben, das klingt etwas melodramatisch und bevor mich jetzt diverse Life- und Karriere Coaches anschreiben: Ich liebe meinen Job! Mein durch ein VG Wort Stipendium gefördertes Projekt BackSTAGELife gibt mir neue Inspiration, aber ehrlich gesagt auch neuen Druck. Aktuell bin ich oft nicht zufrieden mit meiner Leistung und Einstellung. Und wie in einer guten Partnerschaft finde ich es wichtig, Probleme und Konflikte offen zu behandeln, sich selbst auf den Prüfstand zu stellen und Dinge zu ändern, die einen nicht mehr glücklich machen.
Ich weiß noch nicht, ob das nur eine Phase ist oder das Biest der Unsicherheit weiterhin seine Klauen in meine unternehmerische Identität gräbt. Aber ich werde es beobachten und wenn es zu laut wird, bewusst bekämpfen.
Foto: Alice Pietrocola
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