Marketing-Coup: das Phänomen „Barbenheimer“
Bei diesem Thema gibt es wahrscheinlich drei Lager: die Cineasten und Popkultur-Fans, die genau wie ich seit Monaten auf die Filme „Barbie“ und „Oppenheimer“ (kurz Barbenheimer) gewartet haben, die, die inzwischen schon genervt davon sind und die, die gar nichts mitbekommen haben. Zu Letzteren gehört übrigens mein Mann, der leicht perplex immer sagt: „Mir wird davon nichts in meiner Bubble angezeigt.“ In meiner Bubble hingegen sind die beiden Filme schon seit Monaten Thema. Zuerst gehört habe ich vom Projekt „Oppenheimer“ etwa vor einem Jahr, als bekannt wurde, dass Cilian Murphy in Christopher Nolans Produktion das erste Mal eine Hauptrolle spielen wird. Allein diese Kombination war für mich schon fast Garant für einen Volltreffer. Greta Gerwigs Film rund um die berühmte Puppe ist auch schon seit Monaten im Gespräch. Schon im Juli 2022 habe ich etwa diesen Text für Iconist geschrieben. Spätestens seit dem Frühjahr lief die Marketing-Maschinerie dann auf Hochtouren. Ich habe gelesen, dass „Barbie“ ein Marketing-Budget von ca. 150 Millionen US-Dollar hatte und mit über 100 Marken kooperiert. Das hat sich natürlich längst ausbezahlt, denn inzwischen hat der Film mit seinem weltweiten Gesamtumsatz die Milliardenmarke geknackt. Aber wodurch entstand der Hype rund um #barbenheimer? Wahrscheinlich durch den Kontrast von Thema und Ästhetik (Biografie über den „Vater der Atombombe“ vs. quietschbuntes Stück Popkultur), die geballte Star-Power im Cast und den gleichen Filmstart am 21. Juli. Den Rest erledigte das Internet inklusive Memes sowie genialen Fake-Filmplakaten wie diesem.
Betrachtet man das Marketing der Filme, könnten die Ansätze auf den ersten Blick nicht gegensätzlicher sein. Ich habe kürzlich irgendwo ein Meme gesehen, dass die einzige Strategie bei „Oppenheimer“ sei, ab und zu eine Nahaufnahme von Cilian Murphy zu veröffentlichen, weil es den gleichen Effekt hat wie die laute Kampagnenschlacht von „Barbie“. Natürlich fließen hinter den Kulissen von Nolans Blockbuster aber genauso enorme Summen (allein die Produktionskosten beliefen sich auf ca. 100 Millionen US-Dollar!) Ob nun durch die Werbeoffensive oder die pure Lust am Film motiviert, nach dem Kinobesuch bildet sich immer noch jeder seine eigene Meinung. Hier kommt meine:
„OPPENHEIMER“
Wir haben das Glück, im Traumpalast Leonberg die größte IMAX-Leinwand der Welt zu haben. Da Nolan „Oppenheimer“ explizit für IMAX gefilmt hat, war es für mich Ehrensache, den Film dort zu anzuschauen. Ich werde euch jetzt nicht mit technischen Details langweilen, aber es gibt einfach Filme, die muss man auf einer großen Leinwand und mit bombastischen Sound gesehen haben (Wortspiel beabsichtigt). „Oppenheimer“ ist einer davon. Trotz seiner drei Stunden Länge hat der Film mich über die ganze Zeit mitgerissen. Das lag am eindringlichen Spiel von Cilian Murphy, dessen berühmte blaue Augen dank der zerbrechlichen Statur im Film noch größer wirkten. Aber auch der Rest des Stabs überzeugte gerade durch kleine Gesten und Emotionen, die dem geschichtsträchtigen Thema das Persönliche gaben. Ich hatte an einigen Stellen Gänsehaut, vor allem durch den Einsatz von Soundtrack und Dramaturgie. So wird etwa der verzögerte Sound der Detonation beim Bombentest durch Filmmusik begleitet, die die Spannung fast bis zur Unerträglichkeit ansteigen lässt. Außerdem verliert man als Zuschauer/in trotz der Zeitsprünge nie die Orientierung und begleitet Oppenheimer nicht nur auf seiner wissenschaftlichen, sondern auch menschlichen Reise. Dabei gelingt es Nolan immer wieder, Themen wie Schuld und Verantwortung in den Fokus zu stellen, ohne diese auszustellen. Er platziert sie eher implizit durch Bildgewalt, gerade im Kontrast zu ruhigen Momenten. Er überlässt die Deutung wie so oft seinem Publikum und wahrscheinlich ist der Film genau deshalb so eindrücklich. Weil er uns dazu bringen kann, uns mit Blick auf die tödliche Wucht einer Massenvernichtungswaffe mit uns selbst und dem Leben zu beschäftigen.
„BARBIE“
Ich habe „Barbenheimer“ nicht als Double Feature, also direkt hintereinander gesehen. Stattdessen ging es drei Tage nach Oppenheimer zu „Barbie“, und zwar zum ersten Mal im Bed Cinema (hier schaut man tatsächlich auf einem Doppelbett), ebenfalls im Traumpalast Leonberg. Das war ganz nett, aber muss ich auch nicht unbedingt nochmal haben. Die Tische waren zum Beispiel viel zu weit hinten platziert. Die beiden Filme zu vergleichen, ist natürlich unsinnig. Sie könnten (zumindest auf den ersten Blick) nicht weiter voneinander abweichen was Thema, Optik und Genre angeht. Allein die Altersfreigabe mit FSK 6 ließ vermuten, dass bei „Barbie“ zumindest schon mal ein breiteres Publikum angesprochen wird uns es wesentlich leichtere Kost ist (ok, Kunststück gegenüber dem Thema Atombombe). Ich bin jedoch der Meinung, dass es nicht wirklich ein Kinderfilm ist, zumindest dürften diese nicht alle Anspielungen und Botschaften verstehen. Mir persönlich hat „Barbie“ mit Margot Robbie und Ryan Gosling genau das geliefert, was ich erwartet habe: Leichtes Entertainment, bei dem für mich vor allem Ausstattung und Kostüme im Fokus standen. Ich war sehr froh, dass die feministischen Botschaften nicht allzu omnipräsent und gewollt waren, bis auf den ausufernden Monolog von America Ferrera, den ich persönlich nicht sonderlich innovativ fand. Ich hatte das Gefühl, diese Rede schon in diversen Filmen, Serien und auf Social Media gsehen zu haben. Insgesamt hat mich „Barbie“ gut unterhalten und das habe ich vor allem der Überraschung des Films zu verdanken: Ryan Gosling als Ken. Bisher hatte ich ihn in keiner vergleichbaren Rolle gesehen und sein komödiantisches Talent war für mich das Juwel des Films. Etwa, wenn er am Ende voller Inbrunst über den viel zu kleinen Mini-Kühlschrank weint. Wenn es um die Botschaften in „Barbie“ geht, gibt es bestimmt viele Interpretationen und Sichtweisen. Für mich ist nicht die Emanzipation und Selbstfindung der Barbie als Frau das was hängenbleibt, sondern wie beide „Puppen“ am Ende ihre Individualität erkennen. Es ist schon fast rührselig, wenn der treudoofe und unglücklich verliebte Ken realisiert, dass er auch ohne Barbie existieren kann, obwohl es immer nur „Barbie & Ken“ hieß.
Fazit: Müsste ich mich entscheiden, würde ganz klar „Oppenheimer“ im Vergleich gewinnen. Einfach weil der Film Tiefgang hat und Christopher Nolans Filmkunst zeigt. Zu „Barbie“ bleibt mir nur, meinen Artikel aus dem letzten Jahr zu zitieren: Der Film kann eine Möglichkeit sein, problematische Botschaften der Barbiepuppe weiter zu hinterfragen oder diese einfach als Teil der Vergangenheit zu sehen. Denn wenn wir nicht alle Themen gesellschaftspolitisch aufladen, bleibt vor allem eines: mehr Zeit, die reine Unterhaltung zu genießen.
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